In dieser autobiografischen Kurzgeschichte beschreibt die Autorin Heidi Metzmeier ihre Heimatliebe

So schmeckt der Herbst

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Im Rahmen des Herbstgezumpel unseres fröhlich-bunten AutorInnenclubs habe ich mir eine autobiografische Erzählung ausgedacht. Sie wurde zu einer Liebeserklärung an meine Heimat:

Ich, Heidi, bin in Rheinland-Pfalz geboren, genauer gesagt in einem Landstrich, der sich Rheinhessen nennt. Das ist der Ort, an dem ein Fußballtrainer namens Jürgen Klopp mit einem Verein, der sich Mainz 05 nennt, zu einem der ganz Großen wurde. Es ist die Region in der man nicht Karneval oder Fasching sagt, sondern Fassenacht und diese fünfte Jahreszeit ausgelassen mit viel „Helau!“ feiert. Von hier kommt der beste Riesling der Welt. Ich bin also nicht nur am schönen Fluss Rhein aufgewachsen, sondern auch zwischen Weinbergen. Vielleicht mag ich deshalb den Herbst als Jahreszeit so gern. Meine Wahlfarbe ist nämlich bunt, am liebsten so, wie die Blätter aussehen, wenn sie sich an den Reben verfärben. Zieht sich der grüne Farbstoff, das Chlorophyll, in den Weinstock zur Winterruhe zurück, kommen andere Farbstoffe – wie die gelben Karotinoide oder die roten Anthocyane – zum Vorschein. (Sorry, da bricht die Biologin in mir durch. Es schlagen viele Herzen in meiner Brust…)
An diesem Farbspektakel kann ich mich ebenso wenig sattsehen, wie am Sonnenuntergang über der Rheinebene.

Unsere direkten Nachbarn sind die Südpfälzer. Ihr Wald ist im Herbst besonders schön, denn man kann hier stundenlang mit den Füßen knöcheltief durch gefallenes Laub waten. Das Geräusch das dabei entsteht – ein helles wusch, wusch – wirkt beruhigend auf mich. Ich komme allerdings nicht gut voran, weil ich mich immer wieder nach vorn beuge, um Esskastanien aufzuheben und in meine Jackentaschen zu stecken, wie ein Eichhörnchen.

Begleitet werde ich auf meinen Spaziergängen von meinem Mann Peter und unserem Hund Bruno, der übrigens hier geboren ist, also ein waschechter Pfälzer. Gelegentlich begegnen wir auf unseren Streifzügen einem seiner vielen Labradoodle-Geschwister.

Zum Aufwärmen kehren wir in eine der zahlreichen Wanderhütten ein. Dort gibt es neben Gerichten mit so klangvollen Namen wie „Schiefer Sack“ und „Zwiebelkuchen“ auch jede Menge Gastfreundschaft. Man grüßt sich. Inhaltlich interessante und oft tiefgehende Gespräche mit uns fremden Menschen, sind hier keine Seltenheit. Bevor wir wieder aufbrechen, gönnen wir uns – ausschließlich im Herbst im Angebot – noch ein Stück Kastanienkuchen.

Bis nach Frankreich ist es übrigens auch nur ein Katzensprung. Die Region Elsass ist mit seinen Fachwerkhäusern und dem Fokus auf Wein und Landwirtschaft wie eine Schwester. Kein Wunder, denn das Elsass ging geschichtlich zwischen Frankreich und Deutschland mehrfach hin und her und das Elsässische klingt unserem Dialekt sehr ähnlich. Ebenso haben sich sprachlich (nicht nur) in Rheinland-Pfalz sehr viele französische Begriffe erhalten. Es war einmal ein Merkmal der höheren Gesellschaftsschichten, sich in französisch auszutauschen. Man nennt die Worte die sich erhalten haben Gallizismen So etwa der Ausruf „Menno!“ (oh nein – vom Französischen „mais non!“), das Tete-a-Tete für die Zweisamkeit oder auch das Bonbon. Die kulinarische Spezialität aus dem Elsass werden viele von euch kennen: der Flammkuchen, ein sehr dünn ausgerollter Brotteig mit (als klassischer Variante) Creme fraiche, Speck und Zwiebeln. Ich persönlich mag sehr die Nachtischvariante mit Apfel und Zimt, flambiert mit Calvados. Was für ein Spektakel!

Guten Appetit!

P.S.: Wer es noch nicht bemerkt haben sollte: Meine dritte Leidenschaft, neben dem Reisen und dem Schreiben ist gutes Essen. Der „Schiefe Sack“ ist übrigens nix für Vegetarier. Dabei handelt es sich um eine Platte aus Bratwurst, Leberknödel und Sauerkraut. Der Zwiebelkuchen ist auch ein typisches Herbstessen. Er wird sehr gern zusammen mit neuem Wein genossen.

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