Dieser Blogbeitrag beschreibt die Erlebnisse von Heidi Metzmeier auf der Atlantiktour 2023 - Teil 1 - Portugal

Zwischen Dünen, Fels und Brandung – Heidi unterwegs am Atlantik (Teil 1)

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Der lange Weg auf Anfang

Diese Reise hätte eigentlich im Januar ihren Anfang nehmen sollen, aber stets kam etwas dazwischen. Es wurde Ostern und wir waren immer noch zu Hause. Dann ging alles ganz schnell: Land Rover saugen, einmal durch den Supermarkt die Vorräte aufstocken, Trinkwassertank und Dieseltanks füllen, Klamotten, Elektronik und Kartenmaterial auf die Schränke verteilen und los. Halt, da war noch was: Wir haben einen Hund! Bruno, unser Labradoodle. Der darf natürlich auch mit. Zu dritt ist es schon manchmal sportlich eng im Innenraum unseres zum Expeditionsmobil umgebauten Geländewagens, aber Bruno weiß, in welcher Ecke es für ihn am sichersten ist. Wir balancieren derweil um ihn herum, verstauen letzte Kleinigkeiten und dann sind wir auch schon auf der Autobahn in Richtung Süden unterwegs.

Unser Ziel ist die Atlantikküste. Ursprünglich war der Gedanke, sie von Norden nach Süden, also von Frankreich nach Portugal, zu bereisen. Das Wetter hier oben ist Mitte April aber immer noch so bescheiden, dass wir spontan beschließen, die Reiseroute umzudrehen. Was nun allerdings bedeutet, dass wir einen ziemlich langen Anfahrtsweg haben – über 2000 Kilometer. Wir wären nicht die „Autowanderer“, Genussmenschen und Entdecker der Langsamkeit, wenn das schnell ginge. Am Ende dauert die Anreise zwei Wochen. Wir bleiben in unserem geliebten Frankreich immer wieder hängen. Zum ersten Mal schon kurz hinter der burgundischen Pforte, wo wir in Beaune rasten. Das Örtchen ist bekannt für seine bunten Dachziegel und für den Wein der Cote d´Or. Hier beschließen wir auch, wenn möglich, keine Autobahnen mehr zu nutzen.
Es geht am Canal de Centre entlang, mit seinen püppigen Hausbooten. Dann zur Loire wo wir Zeugen eines Sonntagsmarktes der besonderen Art werden: Hier gibt es neben den üblichen französischen Köstlichkeiten auch Gebrauchtwagen, Motorräder und allerhand Tiere käuflich zu erwerben, sogar Lamas.

Der weitere Weg führt uns am Fluss Lot entlang durch Orte die wir teilweise von unserer Jakobspilgerung kennen. Wir übernachten immer wieder auf Weinhöfen und probieren uns durch Rebsorten, von deren Existenz ich bisher nichts wusste. Einmal treffen wir es besonders gut. Da ist der Winzer selbst gar nicht vor Ort. Sein Freund allerdings, ein Pariser, der sich zur Rente in den Süden abgesetzt hat, hält die Stellung. Er erklärt uns, dass er früher der Vorsitzende einer Kommission war, die sich um die Städtepartnerschaften zwischen Deutschland und Frankreich kümmert. So lerne ich, dass die Initiative dazu von den Veteranen des zweiten Weltkriegs ausging. Sie wollten damit die deutsch-französische Freundschaft stärken, auch, um zu verhindern, dass sich eine Situation wie damals wiederholt.

Wir stoßen schließlich auf den Canal de Midi. Auch hier sind Pilger unterwegs. Unter anderem zwei Ordensschwestern, Novizinnen, wenn ich mich nicht täusche. Wir sitzen auf der Terrasse eines Restaurants bei einem Kaffee. Die beiden Damen bleiben kurz stehen, diskutieren ob sie einkehren, verwerfen den Gedanken aber kurz darauf. Stattdessen stellen sie sich an den Straßenrand und halten den Daumen raus. Es dauert keine fünf Minuten bis ein BMW anhält und sie mitnimmt. Ich nenne es Autopilgern und frage mich, was Mutter Oberin wohl dazu sagen würde.

Wir machen Station in Le Puy en Velay, dem Ort an dem die meisten Jakobspilger ihre Reise nach Santiago de Compostela beginnen. Vor sechs Jahren haben wir hier unsere Pilgerpässe abgeholt und sind dann direkt losgezogen. Daher hatten wir von der Atmosphäre der Stadt kaum etwas mitbekommen. Diesmal schauen wir uns nicht nur die Kathedrale Notre Dame an, sondern auch die Kapelle Saint-Michel, die sehr imposant als Wahrzeichen auf einem Vulkankegel thront. Schließlich erklettere ich auch die Stufen zur Marienstatue, die man weithin sehen kann, schon bevor man die Stadtgrenze erreicht. Das Innere der Figur ist hohl und man kann bis in die Krone vordringen. Ich versuche mir vorzustellen, wie sich die Pilger der ersten Stunde hier gefühlt haben müssen. Das Zentrum der Stadt ist aus dunklem Stein erbaut, die Gassen schmal und die Wände hoch. Alles sehr einschüchternd.

Dann erheben sich die Pyrenäen vor uns. Leider liegen sie im Nebel, so dass ich nicht viel davon zu sehen bekomme. Ehe wir uns versehen, sind wir in Spanien. Hier brechen wir mit unserer Regel keine Autobahnen zu benutzen und rauschen durch die spanische Mitte. Wir sind ziemlich entsetzt: Die Wasserreservoirs sind fast leer, Wiesen um diese frühe Jahreszeit bereits braun. Die Trockenheit allerorten ist nicht zu übersehen. Schlimmer noch ist nur der Gestank, der in regelmäßigen Abständen an unseren Nasenflügeln zerrt. Ich brauche eine Weile um zu kapieren, dass der Geruch von Ställen der Massentierhaltung ausgeht. Man sieht so gut wie nie freilaufende Tiere. Und wenn, dann sind es Kühe. Schweine für den „Jamon“ werden konsequent weggesperrt.

An einer Autobahnraststätte machen wir halt und erlauben uns das Menü des Tages. Es kommt mit einer Flasche Wein. Ich bin irritiert, weil wir diese nicht bestellt haben und lasse sie kurzerhand zurückgehen. Peter ist entsetzt, diese war im Preis inbegriffen. Andere Länder, andere Sitten!

Wir schlafen gelegentlich an Rastplätzen für Caravanisten. Das sind in Spanien eingezäunte Areale in die man nur hineinkommt, wenn man an einem Automaten ein Ticket zieht, auf dem die Autonummer vermerkt ist. Eine Kamera am Eingangstor registriert die Nummer am Fahrzeug und öffnet. Dahinter sind akkurat angeordnete Stellplätze und ein Waschhaus, zu dem man allerdings nur Zutritt hat, wenn man abermals dafür am Automaten bezahlt. Der Zettel mit Strichcode wird an der Tür eingelesen. Ein Mal pinkeln fünfzig Cent. Ein Mal duschen drei Euro. Irgendwann klemmen wir einen Schuh in die Tür…

Nach einer unserer Kaffeepausen auf dem Weg durch Spaniens Mitte kommt es zum Desaster. Ich bin die letzten beiden Stunden gefahren. Wir hatten die Pause mit einem Stück Karottenkuchen sehr genossen. Dann steigt Peter in den Land Rover, steckt den Schlüssel dorthin, wo er das Schloss erwartet – und greift ins Leere. Der Kolben des Zündschlosses ist weg! Ich muss ihn mitsamt meinem Schlüssel herausgezogen haben. Ich suche neben, vor, hinter und unter dem Auto. Ich laufe jede Strecke zweimal ab, die ich seit Verlassen des Land Rover gegangen bin. Ich drehe natürlich auch meine Handtasche auf links – nichts! Panik beginnt sich breit zu machen, denn wie wollen wir ohne Zündschloss hier wegkommen? Mein Land Rover Lover kennt die Antwort auf diese Frage, die ich hier natürlich nicht ausbreiten kann. Jedenfalls brummt der Land Rover, als ich aus dem Café zurückkomme. Meine Gedanken kreisen um das Problem und ich beginne sofort mit der Recherche der Land Rover Werkstätten in der näheren Umgebung.

Als wir den Übernachtungsplatz für den Abend gefunden haben, bittet Peter mich, nochmal zu simulieren, wie ich mich bewegt habe, nachdem ich das Auto ausgemacht hatte. Eine sinnvolle Übung, denn: Hurra, hurra! Der Kolben versteckt sich zwischen Sitz und Mittelkonsole, ganz unten eingeklemmt. Peter fördert ihn wieder zutage und baut das gute Stück ein, dort wo es hingehört. Puh, Glück gehabt!

Die letzte Pause vor Portugal verbringen wir in einem winzigen Ort, der aber so viel Flair hat, dass ich mich wohl noch lange daran erinnern werde. Vor allem die fünf Freundinnen, die auf dem Marktplatz im Schatten unter Bäumen sitzen und ratschen, haben sich mir ins Gedächtnis gebrannt. Ich frage sie, ob ich sie fotografieren darf. Erst schauen sie etwas ungläubig, aber dann stimmen sie zu. Als das Eis erst einmal gebrochen ist, werden sie redselig. Sie erklären mir, dass sie schon über 90 Jahre alt sind. Was sie so jung hält wird ihr Geheimnis bleiben, denn für diese Erklärung reichen meine Spanischkenntnisse leider nicht aus.
Als wir über den Marktplatz schlendern nehmen wir die temporäre Absperrung wahr. Wir können nur vermuten, dass sich hier eines der Rituale anbahnt, die in Spanien immer noch Tradition haben: Der Stierkampf. Auf dieses Spektakel verzichte ich gern.
Portugal ruft!

Portugal – Tudo bem!

Peter hat die Krimi-Reihe „Lost in Fuseta“ von Gil Ribeiro verschlungen und dabei immer wieder herzlich gelacht. Darin wird ein deutscher Polizist mit autistischen Zügen an die Algarve versetzt und bringt dort das Leben der portugiesischen Kollegen durcheinander. Ribeiro beschreibt den Ort, sogar den azurblauen Himmel und die Küste so genau, dass wir gar nicht anders können, als uns selbst ein Bild davon zu machen. So ist Fuseta unsere erste Station – und wir wären dort fast hängengeblieben. Es gibt einen kleinen Campingplatz im Zentrum, dessen Bewohner den europäischen Querschnitt abbilden. Viele sind Festcamper. Als ich an der Rezeption beim Check-In frage, wie lange wir bleiben können, bekomme ich, völlig ernst gemeint, „acht Monate“ zur Antwort. Der Fischerhafen ist schnuckelig und noch nicht zu einer Touristenattraktion verkommen. Wenn ich morgens mit Bruno meine Runden drehe, sitzen die Fischer auf den öffentlichen Bänken, unterhalten sich leise und bestaunen, genauso wie ich, den Sonnenaufgang. Jeden Tag.
Der Strand ist hier einzigartig, denn es gibt eine vorgelagerte Insel, die dafür sorgt, dass der Wellengang sanft ist. Wer es ruppiger mag, kann sich mit einem Wassertaxi auf die Insel fahren lassen. Wir sehen sehr gerne den Kitesurfern zu, die hier die Wellen reiten.
Der Ort selbst ist sehr entspannt. Es gibt ein paar Restaurants und Cafés, von denen wir den Eindruck haben, dass sie bei den Einheimischen ebenso beliebt sind, wie bei Touristen. Die Supermärkte, der Basar und andere Geschäfte scheinen hier immer geöffnet zu haben, egal ob Wochentag, Sonntag oder Feiertag. Portugiesen sind fleißig.
Wir lernen schnell, dass es schwierig ist, ein Gericht zu bekommen, das vegetarisch ist. Hier im Süden wird sehr viel Fisch gegessen. Dieser wird für Restaurantbesucher auf echten Holzkohlegrills zubereitet, die am Straßenrand stehen, so dass man zusehen kann, wie die Köche arbeiten. Den Fisch kann man sich, ansprechend in einer Kühltheke angerichtet, selbst aussuchen. Das Grillen erzeugt einen Duft, den man noch Straßen weiter riechen kann, der nicht nur angenehm ist, sondern auch Appetit anregend.
Wir schlendern über den Friedhof, der hier monumental und gleichzeitig bunt-fröhlich ist, durch die vielen Kunstblumen. Alles andere würde bei dieser Hitze aber auch vertrocknen. Am Bahnhof bestaunen wir die Architektur und überlegen kurz, ob wir mit dem Zug nach Faro fahren, verwerfen den Gedanken an einen Aufenthalt in einer großen Stadt aber sofort wieder. Ein längerer Spaziergang führt uns ins Naturschutzgebiet, in dem wir zahlreiche Wasservögel, darunter Flamingos, bestaunen. Es dauert eine ganze Woche, bis wir uns von diesem Paradies losreißen können. Unser Aufbruch fällt ausgerechnet auf den Markttag. Den nehmen wir natürlich auch noch mit und schlängeln uns anschließend durch die Aussteller zur Straße, weiter die Algarve entlang.

Zu unserer großen Überraschung gelingt es uns selbst hier, an der malerischen Küste, die jeder auf Fotos schon einmal gesehen hat und die inzwischen zu jeder Jahreszeit beliebt ist, Wildcamps zu finden. An einigen Plätzchen stehen wir ganz allein. Wir schauen auf das tiefblaue Meer, entdecken Gesichter in den gelben Felsformationen, hören das Rauschen des Meeres in den Höhlen, die vom Wasser in das Gestein gegraben wurden und machen Spaziergänge zum sprudelnden Wassersaum, der sich an den scharfkantigen Steinen bricht.

Ich möchte auch die touristischen Highlights, wie etwa den Praia do Marinha sehen. Peter ist von den Menschenmassen dort allerdings erst nicht begeistert, bis das Grauen an den Höhlen von Benargil in schiere Faszination darüber umschlägt, wieviele Menschen auf dem Wasser um den Zugang zum Höhleneingang buhlen. Es gibt eine klare Reihenfolge: Der Größere zuerst. Da haben die Kajaks, die in Massen vom Strand auslaufen oder aus Ausflugsbooten zu Wasser gelassen werden, eindeutig das Nachsehen.

Glücklicherweise kann man Orte wie Figueira finden, die nicht so überlaufen sind und einen ganz eigenen Charme haben. Hier laufen wir zunächst zwanzig Minuten lang durch Felder, die aus dem Fluss bewässert werden. Der Weg öffnet sich ganz plötzlich in einen Sandstrand, der rechts und links von hohen, schattenspendenden Felsen begrenzt wird. Das Wasser ist verlockend türkisblau – jedoch für meinen Geschmack zu kalt zum Baden.

Wir treffen immer wieder auf Wanderer des Küstenwegs. Selbst wählen wir aber die „faules Miststück“-Variante und fahren einen Teil der engen Küstenstraße entlang, die an ihrem Ende vom Praia da Bordeira gekrönt wird. Hier gibt es langgezogene Sanddünen zu bestaunen, die zum Strand hin auslaufen. Ein Fluss mündet hier farbenprächtig ins Meer und führt dazu, dass sich ein kleiner Grüngürtel bildet. Wir sind so fasziniert, dass wir mit der Regel brechen nirgendwo zu campieren, wo es klare Verbotsschilder für Camper gibt. Wir kommen ungestraft davon.

Ob uns das auch mit der Mautgebühr so gehen wird, steht noch in den Sternen. Wir haben nämlich weiterhin konsequent alle gebührenpflichtigen Schnellstraßen gemieden. An der Brücke über den Fluss in Lissabon ist allerdings Schluss. Wir sind zwei Häfen angefahren, um überzusetzen. Am ersten müssen wir feststellen, dass es sich um eine Personenfähre handelt. Mit der Nächsten werden zwar Autos transportiert, aber nur bis zu einer Höhe von 2,60 Metern. Wir sind auch dann noch höher, wenn wir die Luft aus den Reifen lassen und den Kopf einziehen. Also doch über die Mautbrücke. Nur entscheiden wir uns für die falsche Spur. Dort wo wir auffahren, ist kein Kassenhäuschen mit Personal, sondern nur ein elektronisches Auge. Das guckt zwar, hält uns aber nicht auf, als wir einfach weiterfahren. Wenn wir hier registriert wurden, kommt der Bußgeldbescheid wahrscheinlich vor uns zu Hause an.

Es wird Zeit noch einmal ein Wort über das Essen in Portugal zu verlieren. Wir haben aufgegeben im Land Rover zu kochen, weil es einfach zu lecker ist in den Straßencafes oder Restaurants zu speisen. Manchmal spielt uns das Leben einen Streich und wir bekommen Schweinebauch, weil wir nur verstehen „alles aus der Region“. Aber das hält uns nicht davon ab, andernorts einen neuen Versuch zu starten. Besonders fasziniert sind wir von den „Clubs“. Das sind hauptsächlich Sportclubs, aber auch Treffpunkte für ältere Menschen. Wie das Prinzip funktioniert haben wir nie so ganz verstanden. Fakt ist aber, dass man hier sehr kostengünstig ein komplettes Menü essen kann. Es gibt meist zwei Gerichte zur Auswahl. Wir werden hier mit guter Hausmannskost versorgt. Besonders schön ist, dass diese Clubs oft in historischen Gebäuden in wunderschöner Lage untergebracht sind. Das Personal ist auf natürliche Art freundlich und man hat den Eindruck, dass persönliche Betreuung der Gäste großgeschrieben wird. In Sagres – am südwestlichsten Punkt Europas – gibt es einen Fußballclub, bei dem man leckere Häppchen und noch besseren Kaffee bekommt. Trotzdem musste ich natürlich die Bratwurst eines deutschen Ehepaars probieren, die an einem Stand mit der Aufschrift „letzte Bratwurst vor Amerika“ angepriesen wurde. Sie kam inklusive Zertifikat. Marketing ist alles!

Ich möchte nicht verschweigen, dass wir uns bei unserer Art zu reisen auch manchmal im Ziel verhauen. Wir haben vor dem Aufbruch keine Reiseführer gelesen und sind nur mit Kartenmaterial unterwegs. Dort wo es auf der Karte reizvoll aussieht, zieht es uns hin. Die Halbinsel Peniche war einer der wenigen Fehlgriffe auf der Portugaltour. Der Ort hat außer einer alten Stadtmauer nicht viel zu bieten, dafür werden die Camper hinter ebenso hohen Mauern weggesperrt. Wer sich raustraut wird von bissigen Hunden begrüßt. Wir machen in solchen Situationen das Beste daraus. Will heißen: Wir schließen die Tür unseres mobilen zu Hauses, hören Musik, ratschen oder gehen einer unserer Lieblingsbeschäftigungen nach. So entstehen dann auch diese Beiträge. 😉

Das andere Ende der Skala sind Städte wie Obidos, in die wir mehr oder weniger zufällig hineinstolpern und vom Charme total ergriffen sind. Hier ist das Leben innerhalb der begehbaren Stadtmauer noch sehr lebendig. Im Stadttor spielt eine Band. In den Hinterhöfen wird Wäsche aufgehängt. Zum Mittagessen gibt es auf Holzbänken im Schatten uralter Bäume eine Suppe.

Petakova ist ein weiterer Geheimtipp. Das Örtchen liegt in den Bergen, im Hinterland von Coimbra, am Fluss Mondego. Hier können wir einmal durchatmen und die Küstenhitze hinter uns lassen. Der Ort tut eine Menge, um sich für Touristen attraktiv zu machen. So ist gerade ein Strand mit Bar und Sitzgelegenheiten angelegt worden auf dem etwas überdimensioniert die Buchstaben der Stadt angeordnet sind, die in der Nacht hell erstrahlen. Man ist stolz auf sein Fleckchen Erde. So erkläre ich mir auch die Aktivität der drei alten Herren, die – noch dazu in einem alten Bedford – Baumaterial heranschaffen und aus diesem Holz, in mühevoller Kleinarbeit, unter Zuhilfenahme alter Techniken und einem Boot, eine Fußgängerbrücke errichten. Wir haben die Hoffnung, dass diese fertig wird, bevor der Abend naht, denn es fehlen nur noch wenige Meter. Als sich dieser Gedanke gegen Nachmittag in Luft auflöst, weil die Herren ihr Tagwerk beschließen, laufen wir flussabwärts. Zunächst auf der Suche nach der nächsten Brücke. Dann aber entdecken wir ein zwar relativ breites, dafür aber recht flaches Stück Fluss und entscheiden uns, hier zu queren. Ich laufe voraus und frage mich so etwa in der Hälfte, ob das wirklich eine gute Idee war. Die Wucht des Wassers hat inzwischen ordentlich zugelegt und ich kann mich kaum auf den rutschigen Steinen halten. Ich murmele aufmunternde Sprüche vor mich hin und schaffe es so auf die rettende Insel in der Mitte. Bruno ist von dem Abenteuer überhaupt nicht angetan, so dass Peter ihn mehr am Halsband durchs Wasser ziehen muss, als dass er selbst Anstrengungen unternimmt überzusetzen. Irgendwann sind wir aber wohlbehalten auf der anderen Seite. Dort wartet ein kleines Hündchen neugierig auf Bruno. Der ist so bedient, dass er den kleinen Kerl schroff anbellt. Der Besitzer ruft uns daraufhin aus der Entfernung „Peace!“ zu. Ich muss herzlich lachen.

Für große Städte haben wir nicht viel übrig. Zum einen, weil es mit unserem Fahrzeug immer eine rechte Pein ist, unterzukommen. Zum anderen sind wir nicht die Museumsgänger oder gehören zu den Menschen, die an Stadtführungen teilnehmen. Die erste große Ausnahme von dieser Regel auf der Atlantiktour haben wir für Coimbra gemacht. Die Universitätsstadt liegt majestätisch auf einem Hügel am Fluss Mondego. Die Universitätsbibliothek soll ein Werk großer Baukunst sein. Ich hätte sie mir gerne angesehen, aber die Wartezeit, alleine für das Ticket, von über einer Stunde, schreckt mich dann schon wieder ab. So tun wir, was wir in Städten immer tun. Wir lassen uns treiben, laufen durch Parkanlagen, schnuppern in kleine Gassen und setzen uns schließlich auf die Außenterrasse eines Cafes, um Menschen zu beobachten. Ein Abstecher, den ich persönlich als sehr lohnend empfunden habe.

Ich sagte zu Beginn, dass wir unsere Route nicht geplant haben. Das war ein bisschen geflunkert, denn einen Stopp hatte ich von Anfang an geplant: Sabroso! Nun werden sich selbst Portugal-Kenner fragen wo das denn bitte liegt. Die Antwort lautet etwa eine Autostunde von Porto entfernt in Nord-Portugal. Ich kenne diesen Ort, weil meine Freundin Anne und ihr Mann Tino dort ein Haus haben. Ich hatte schon das große Vergnügen, dorthin eingeladen zu sein. Tino hat in Sabroso viel Verwandtschaft, unter anderem Fernando Melro, den ich gerne Bienenflüsterer nenne. Er hat über Honig wahrscheinlich in seinem Leben mehr vergessen als ich je wissen werde. Er ist ein wandelndes Lexikon der Wirkungen von Propolis und Co. Nach eigenem Bekunden erzielt er damit Heilerfolge. Meine Freundin schwört auf die Wirkung von Bienenstichen auf ihre Muskelverspannungen im Nacken. Auf einer Ausstellung in Lissabon hat sogar der Präsident persönlich schon seinen Honig gekauft. Wir jedenfalls bekommen die Tour des Hauses, unter Zuhilfenahme eines Übersetzungsprogramms, denn Fernando spricht nur portugiesisch. Aber seine Passion kommt auch bei uns an, wenn der Übersetzer mal wieder Unsinn erzählt.

Ich inhaliere den Duft von Propolis und anderen Honigessenzen aus dem Bienenstock über zwanzig Minuten und hoffe mein Immunsystem damit zu stärken. Der Honig kommt in unzähligen Varianten, je nachdem wo die Bienen gesammelt haben. Wir decken uns ein und ich freue ich jetzt schon darauf das zu Hause alles zu probieren. Ein letztes Foto, ein Abschiedsgruß und schon sind wir wieder auf dem Weg.

Die letzte Station vor der spanischen Grenze ist Caminha. Ein Ort der sofort dadurch auffällt, dass hier sehr viele Jakobspilger durchkommen. Ich kann mich noch zu gut an meine eigene Pilgererfahrung erinnern und fühle den Schmerz eines jeden, der humpelt. Der Ort liegt am Zusammenfluss von Rio Minho und Meer. Ich habe selten einen schöneren Küstenabschnitt gesehen. Der Fluss ist breit und Boote tanzen auf seiner durch den Wind aufgewühlten Oberfläche. Das Meer ringt mit dem Fluss um die Oberhand über die Wellen, was kuriose Formationen erzeugt. Der Strand ist unglaublich lang und von feinem weißem Sand. Vorgelagert befindet sich eine Insel mit einem Fort. Genau hier liegt ein Campingplatz auf dem wir einchecken und – dreimal darfst du raten – wieder mal hängenbleiben. Es endet also wie es begonnen hat, bevor wir die Grenze nach Spanien passieren und nach Galizien eintauchen. Aber das ist Stoff für den nächsten Blogbeitrag.

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Und wenn ich jetzt dein Reisefieber entfacht habe, dann habe ich mein Ziel erreicht. 😊

Herzlichst

Heidi

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