Erfahrungsbericht einer Debütautorin

Was AutorInnen und KöchInnen gemeinsam haben – ein Erfahrungsbericht von der Buch Berlin 2022

Heidi Metzmeier Icon

Wer Buchmesse hört, denkt wahrscheinlich an Frankfurt oder Leipzig. Das sind die großen Veranstaltungen, auf denen sich Selfpublisher, wie ich, nur organisiert – also etwa über den Selfpublisher-Verband oder Fakriro – präsentieren können, weil die Standgebühr ansonsten unerschwinglich ist.

Der Underdog, der sich in den letzten Jahren zur festen Größe etabliert hat, ist die Buch Berlin: Eine Messe, die auf Vielseitigkeit setzt und mit ihren attraktiven Preisen auch die Selfpublisher-Community anlockt. Die Aussteller danken es den Organisatoren und dem Publikum mit Kreativität, Spaß und Energie.

Es ist vielleicht ungewöhnlich für eine Autorin, aber ich war bisher noch nie auf einer Buchmesse, weder als Gast, noch als Ausstellerin. Mit der Buch Berlin 2022 sollte sich das ändern. Ich hatte mich Monate bevor „Unter demselben Himmel“ geschrieben war bereits angemeldet. Ab diesem Zeitpunkt galt es, den Veröffentlichungstermin einzuhalten, wollte ich nicht mit leeren Händen dastehen. Wie ihr wisst, hat das geklappt und ich bin Bookpress bis heute dankbar, dass sie so flexibel waren, mir wenige Tage vor der Messe noch einmal mehrere hundert Exemplare meines Autorendebüts zu einem sehr fairen Preis zu drucken. Von anderen Autoren, die ihre Bücher im Eigenverlag herausbringen, hörte ich, dass das nicht selbstverständlich ist.

Glücklicherweise hatte Anja Jahnke, meine Buchbuddy, mit ihrem Debütroman „Liebe rein, Scheiße raus“ die gleiche gute Idee. Auch sie wollte sich erstmals auf der Buch Berlin 2022 präsentieren. So haben wir uns zusammengetan und damit ein Abenteuer der besonderen Art gestartet.

Zwei glückliche Debütautorinnen
Buchbuddies for Life!

Gute Feen, böse Wölfe und mittendrin wir

Was braucht man denn als Autorin so alles für eine Messe? Ich hatte keine Ahnung. Glücklicherweise veröffentlichte Sandy Mercier zum richtigen Zeitpunkt den perfekten Blogbeitrag dazu. Schlagartig wurde mir klar, wieviel Aufwand in der Vorbereitung einer Messe steckt. Das fängt bei der Bürokratie an, geht über die Organisation der Standinhalte und hört bei der Promotion noch lange nicht auf. Gefühlt auf allen Kanälen erzählte ich wochenlang, das es die Möglichkeit geben würde, mich in Berlin näher kennenzulernen. Falls du es dennoch verpasst hast, schildere ich dir hier meine persönlichen Eindrücke.

Ich reiste mit dem Auto an, da das Gepäck für die Öffis zu umfangreich war. Ca. 800 Kilometer quer durch Deutschland, da war Sitzfleisch gefragt. Nach über 8 Stunden in der Unterkunft angekommen, sah ich Anja zum ersten Mal seit wir uns kennen live und in Farbe. Ein schönes Gefühl und ein Moment den wir mit Müller-Thurgau in der Eckkneipe mit dem schönen Namen „Alcatraz“ feierten.

Am ersten Morgen zogen Anja und ich unser Metzgereiwägelchen (die sind praktisch, weil in alle Richungen drehbar 😉) mit sechs Kartons voller Bücher hinter uns her und staunten am Eingang der Messehalle nicht schlecht. Da wuselten hunderte von Autoren und Verlagsmitarbeiter munter durcheinander und bauten Messestände auf. Wir steuerten auf die Gasse zu, die mit King´s Landing überschrieben war. Nummer 17 würde für die nächsten 48 Stunden unser zu Hause sein. Die Herren vom Brandschutz waren sehr zufrieden mit uns, als wir unsere Tischdecke vorschriftsgemäß feuerfest imprägnierten.

Meine erste Buchmesse als Ausstellerin
Standaufbau mit Metzgerwägele

Dann packten wir unsere Goodies aus: Neben den Büchern hatte Anja Lesezeichen mitgebracht und Kugelschreiber, die ich zunächst für hippe Zuckerverpackungen hielt. Ihre Postkarten mit dem Slogan „Liebe rein, Scheiße raus!“ wurden zu einem sehr wichtigen Utensil bei der Ansprache der Messebesucher. Ich verlustierte mich mit dem Aufbau meiner afrikanischen Mitbringsel, einer Rassel etwa, oder dem Blechnachbau unseres Land Rover Expeditionsmobils. Zuletzt zog ich mein Banner auf, das – neben zahlreichen Reisefotos – meinen Kopf in Überlebensgröße abbildet, worüber ich heute immer noch erschrecke. Nachdem wir Bücher und Visitenkarten dekorativ arrangiert hatten, waren wir sehr stolz auf unseren Erstlings-Stand. Das sah doch recht professionell aus!

Unser Stand auf der Buch Berlin 2022
Unser Messestand ist fertig. Wir sind sehr zufrieden mit unserem Werk.

Dann kamen die ersten Feen, Elfen, Zwerge, Wölfe, Drachen und Prinzessinnen vorbei. Ernsthaft! Die Fantasy-Community machte ihrem Genre alle Ehre. Autorinnen und Autoren hatten sich kostümiert (und sich, nebenbei bemerkt, in atemberaubenden Motiven für ihre Banner ablichten lassen). Die Kreationen waren so eindrucksvoll, so mancher Faschingsnarr würde darüber vor Neid erblassen. Spätestens jetzt war ich fasziniert und verliebt in die Buch Berlin.

Anfangs waren Anja und ich noch eher zurückhaltend im Erstkontakt mit den Besuchern, aber je länger der Kongress dauerte, um so mutiger wurden wir. Anja schaffte es mit Sprüchen wie „Hey, dein Pulli hat die gleiche Farbe, wie das Cover von Heidis Buch!“, die Menschen an unseren Stand zu locken. Ich hatte mir bis dahin mit der Variante „Na, hast du ein Reiseherz?“ schon ein paar Körbe eingehandelt. Direktvertrieb will eben gelernt sein und ich sage euch, die Lernkurve auf einer Buchmesse geht steil nach oben.

Reger Austausch und jede Menge Selfies

Was mich am Austausch mit den Messebesuchern faszinierte war die Tiefe der Gespräche. Die Menschen brachten Zeit mit und waren am Austausch mit uns ernsthaft interessiert. So erfuhr ich von einem Entwicklungshelfer, gegen welche Widerstände er ankämpfte. Ich hörte von geplatzten Reiseträumen, weil der Partner nicht mitzog – weshalb mein Buch als Ersatz gerade recht kam…

Ich lernte auch, dass Leser auf einer Buchmesse natürlich nicht jedes Buch mitnehmen können, das sie interessiert. Zum einen ist das eine Kostenfrage, zum anderen ein Gewichtsproblem. Jeder der es in der Leihbücherei mal wieder übertrieben hat, kann ein Lied davon singen. Deshalb waren die Postkarten so wichtig, als Erinnerung an Werke, die man von zu Hause mit Mausklick bestellen möchte.

Was ebenfalls zu vielen Kontakten führte war unser Gewinnspiel. Wir hatten uns – zusammen mit April Wynter, Nina Dont und Jeannette Lagall – ein Autorinnen-Bingo ausgedacht, das Interessierte zu unseren Ständen lockte. Menschen lieben Spiele, das wurde mir auf der Buch Berlin wieder bewusst, denn einige andere AusstellerInnen hatten ihrer Kreativität ebenfalls freien Lauf gelassen und waren stets von einer Traube Menschen umringt. Unser Bingo gewann schließlich eine Buchbloggerin, die sich nun unter anderem über einen Fotokalender von mir für 2023 freuen kann, über den an anderer Stelle noch mehr zu reden sein wird. BuchbloggerInnen waren übrigens zahlreich gekommen, so manche ganz gezielt, um ihre LieblingsautorInnen persönlich kennenzulernen. Das waren tolle Momente, hatten wir doch schon viel Zeit auf Instagram miteinander verbracht.

Zwischen den Gesprächen mit Lesern und Bloggern blieb noch Zeit zum Austausch mit anderen Ausstellern, KollegInnen also, die schon sehr viel erfahrener waren als wir, ganze Buchreihen ausstellten, oder ein Genre-übergreifendes Angebot unterbreiteten. Ich war davon mehr als beeindruckt und schaute mir ihre Stände genau an, um zu lernen, was ich noch besser machen kann. Besonders schön fand ich, dass die „alten Hasen“ uns viel Mut zusprachen und uns in der AutorInnen-Community herzlich aufnahmen. Die Menge der Selfies war inflationär und da ich mir vorgenommen hatte, mein Mobiltelefon beiseite zu legen, damit ich mit der Aufmerksamkeit ganz bei den Menschen im Raum sein kann, war ich am Abend erstaunt über die Menge der Stories auf Instagram, in denen ich markiert war.

Lesung mit Wohnzimmerfeeling

Mein persönliches Highlight war meine Lesung am Samstag Nachmittag. Ich hatte keine Ahnung wie groß der Raum sein würde und war erstaunt festzustellen, dass der Industriebau über sehr charmante ruhige Ecken verfügt, in denen etwa 20 Menschen auf Stühlen Platz finden. Ich war beglückt in die freundlichen Gesichter von  Verwandten, Freunden, AutorInnenkollegen und BloggerInnen zu sehen und freute mich über Bekannte aus der Reisecommunity sowie Menschen, die einfach neugierig waren auf mein Buch.

Hoher Besuch - Mein Webdesigner Nico Muhlack kommt und bringt Blumen
Webdesigner Nico Muhlack bringt Blümchen. Ich bin sehr gerührt.

 

Besuch von der Autorenkollegin Dany Matthes
Kollegin Dany Matthes – Voller Autorinnensupport – love it!

Ich hatte über Social Media im Vorfeld darüber abstimmen lassen, welche Inhalte ich lese. So waren die Textpassagen eine bunte Mischung aus Afrika, Indonesien und dem Iran. Ich saß auf meinem Sessel im vom Sonnenlicht durchfluteten Raum und badete in den Emotionen der Menge. In diesem Moment ging mir auf, dass es mir ebenso geht wie den KöchInnen, die in der Abgeschiedenheit ihrer Küche die schmackhaftesten Speisen zaubern, die Reaktion der Gäste auf ihre Kreationen aber gar nicht mitbekommen, es sei denn, sie verlassen ihre Küche für ein paar Minuten, um durch die Tischreihen zu schlendern.

Ich habe mir beim Schreiben X Mal die Reaktion der Leser auf bestimmte Passagen ausgemalt. Einige Leser haben mir im Nachhinein tatsächlich geschrieben, wie es ihnen bei der Lektüre erging. Aber es ist nicht dasselbe, ob jemand etwas beschreibt, oder ob ich es hautnah mitbekomme. Daher sind Lesungen das Größte für mich, weil ich die Reaktionen der Zuhörer unmittelbar erleben darf.

Es hat etwas tragisches, dass ich die Lesung mit einem Kapitel aus dem Iran beendet habe, in dem ich auch über die Stellung der Frauen in der Gesellschaft spreche. Eine Erzählung, der durch die aktuellen Ereignisse in diesem Land derzeit ein weiteres trauriges Kapitel hinzugefügt wird.

Lesung aus "Unter demselben Himmel" auf der Buch Berlin 2022
Mein persönliches Highlight: 30 Minuten Lesung aus „Unter demselben Himmel“

Nach zwei Tagen Animationsprogramm bin ich körperlich erledigt, aber sehr zufrieden. Ich weiß jetzt, dass eine Buchmesse in erster Linie ein Ereignis ist, an dem ich mich als die Autorin hinter dem Werk präsentieren kann. Ich habe die Chance, mein Netzwerk zu vergrößern, von anderen zu lernen und zu genießen mit Gleichgesinnten Buchverrückten die gleiche Luft zu atmen.

So war die Buch Berlin 2022 ein voller Erfolg für mich. Allen die nicht dabei sein konnten, hoffe ich mich diesem Erlebnisbericht eine Freude zu machen.

Und wenn ihr das nächste Mal in eurer Lieblingsbuchhandlung vorbeischaut, dann fragt doch einfach mal nach „Unter demselben Himmel“. Vielleicht stehen meine Reiseerzählungen ja schon da und möchten fotografiert werden. 😉
Und solltet ihr den Buchhändler kennen, schlagt ihm gerne eine Lesung vor. Ihr wisst ja jetzt, dass ich für eine gut besuchte Lesung hunderte Kilometer freiwillig fahre.😂

Herzlichst

Heidi

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